Ich studiere nicht Jura, um
Richterin, Anwältin oder Staatsanwältin zu werden. Ich studiere nicht Medizin,
um Ärztin zu werden. Ich studiere auch nicht Architektur, um danach Architektin
zu werden. Ich studiere Amerikanistik. Ich studiere das, was ich kann und was
mir schon immer Spaß gemacht hat, auch wenn das bedeutet, dass ich nicht auf
einen konkreten Job hin studiere.
Für meine erweiterte Familie ist
das oft unverständlich, zudem ich die Einzige bin, die noch nichts „anständiges“
macht. Stattdessen liege ich meinem Freund und Eltern auf der Tasche. Meine
Eltern unterstützen mich finanziell, weil ich „nur“ einen 450 Euro-Job habe.
Mein Freund unterstützt mich finanziell, indem er einen wesentlich größeren
Teil an Miete etc. zahlt als ich.
Ich weiß, dass ich ohne meine
Eltern nie die Möglichkeit gehabt hätte jetzt meinen Master zu machen. Ich weiß
aber auch, dass ich nicht in einem klassischen Ausbildungsberuf glücklich
geworden wäre. Mehr als einmal in meinem Leben habe ich daran gezweifelt ob das
Studium noch das Richtige ist. Ich habe mich oft gefragt, ob ich nicht lieber
eine Ausbildung zu irgendwas „handfestem“ machen soll. Damit wäre ich
wenigstens auf der sicheren Seite und hätte einen Job.
Ich habe es dennoch durchgezogen
und gerade meine Masterarbeit angemeldet. Ich studiere eines dieser sogenannten
„weichen Fächer“, das offensichtlich keinen Nutzen für die Gesellschaft hat.
Deshalb wurden diese „weichen Fächer“, also Geisteswissenschaften in Japan
kurzerhand reduziert oder ganz abgeschafft.
Wenn kritisches Denken nicht
nützlich für die Entwicklung einer Gesellschaft ist, dann schließe ich mich an.
Wenn das Verständnis für andere Kulturen und Gesellschaften nicht von Nutzen
ist, dann stimme ich dem zu. Wenn analytisches, dem Denken vorausgehendes
Handeln nicht nützlich ist, dann ist es wohl so, dass ich nichts studiere, was
für unsere Gesellschaft wichtig sein könnte.
Ist dem nicht so, dann lasst
mich in Ruhe fertig studieren und mich meinen Weg finden. Hört auf mich ständig
zu fragen, wann ich endlich mit studieren fertig bin. Ich frage Euch auch nicht
wann ihr endlich das aufgebt, was Euch Spaß macht.