Dienstag, 5. März 2013

Ein Lächeln auf der Reise


Heute wollte ich mein Postbank Girokonto kündigen wozu ich mich zur Hauptpost begab. Zwei Herzen schlugen in meiner Brust: das englische Herz in mir stellte sich geduldig und gut gelaunt am Ende der Schlange an. Immerhin schien die Sonne und ich hatte alle Zeit der Welt. Das deutsche Herz in mir war schon beim Anblick der Warteschlange furchtbar genervt. Das englische Herz gewann schließlich die Oberhand und ich amüsierte mich über jene vor und hinter mir, deren deutsches, genervtes Herz gewonnen hatte.

Als ich nach 20 Minuten die Postfiliale verließ war ich mein Girokonto los und um einige Eindrücke reicher geworden. Eine Gruppe streikender Lehrer kreuzte meinen Weg. Es handelte sich um eine traurige kleine Gruppe Menschen die unterwegs war in Richtung Schillerplatz. Die Bereitschaft der restlichen Lehrer in Rheinland-Pfalz sich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen scheint nicht sonderlich groß gewesen sein. Ich frage mich, ob die ganzen anderen Lehrer mit ihren Arbeitsbedingungen zufrieden sind oder ob es sie einfach nicht interessiert. Vermutlich Letzteres.

Manchmal frage ich mich ob in unserer Gesellschaft überhaupt noch irgendwen irgendetwas interessiert?! Interessiert es die Menschen in der Warteschlange wieso der Postbeamte am Schalter nach dem hundertsten unfreundlichen Kunden nun auch schlecht drauf ist? Interessiert es sie ob der Mensch der hinter ihnen in der Schlange wartet, vielleicht einen dringenden Termin hat und man ihm vielleicht den Vortritt lassen könnte? Interessiert es die Lehrer, die heute wie an jedem anderen Tag unterrichtet haben, dass es Menschen gibt, die sich die Beine in den Bauch stehen, für die Arbeitsbedingungen derer, die das nicht tun?

In unserer Gesellschaft scheinen sich die Menschen nicht mehr großartig für ihre Mitmenschen zu interessieren. Dabei wäre es so einfach. Wir sind schon so sehr an diese Tatsache gewöhnt, dass sich niemand für mehr als sich selbst interessiert, dass ein kleines bisschen Freundlichkeit den Postbeamten zum Lächeln bringen könnte. Jemanden in einer Warteschlange anzulächeln oder ihm gar den Vortritt zu lassen, weil man es ohnehin nicht eilig hat, könnte den Tag des anderen zu einem besseren machen. Es sind die kleinen Gesten, die viel bewegen können. Ein Lächeln wird weitergegeben von einem Menschen zum Nächsten und erfreut somit viele. Weil wir uns daran gewöhnt haben, dass jeder sich selbst am nächsten ist, sind unsere Ansprüche an unsere Mitmenschen kleiner geworden. Selbst am Anfang einer Beziehung sind sie „heruntergefahren“. Wenn der Partner dann so interessiert an unserem Leben ist, dass er sich in einem Anflug von Romantik des 21. Jahrhunderts unsere Termine in sein Smartphone speichert, ist zumindest bei mir das romantische Herz in meiner Brust vollkommen aus dem Häuschen.

Werte und Gesten, die früher ganz selbstverständlich waren, sind es heute nicht mehr. Es ist vollkommen normal geworden, dass das deutsche Herz in uns gewinnt und wir furchtbar genervt sind, wenn wir uns in eine Warteschlange einreihen müssen. Es ist normal geworden, dass wir nur an uns selbst denken, die Ellbogen ausfahren und unsere schlechte Laune an Menschen auslassen, die damit überhaupt nichts zu tun haben. Es ist normal geworden dass wir gleichgültiger geworden sind, dabei wäre es so leicht es nicht zu sein. Ich habe dem Postbeamten ein Lächeln geschenkt und er hat es erwidert. Vielleicht hat auch er es weitergegeben. 

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