Heute wollte ich mein Postbank Girokonto kündigen wozu
ich mich zur Hauptpost begab. Zwei Herzen schlugen in meiner Brust: das
englische Herz in mir stellte sich geduldig und gut gelaunt am Ende der
Schlange an. Immerhin schien die Sonne und ich hatte alle Zeit der Welt. Das
deutsche Herz in mir war schon beim Anblick der Warteschlange furchtbar
genervt. Das englische Herz gewann schließlich die Oberhand und ich amüsierte
mich über jene vor und hinter mir, deren deutsches, genervtes Herz gewonnen
hatte.
Als ich nach 20 Minuten die Postfiliale verließ war ich
mein Girokonto los und um einige Eindrücke reicher geworden. Eine Gruppe
streikender Lehrer kreuzte meinen Weg. Es handelte sich um eine traurige kleine
Gruppe Menschen die unterwegs war in Richtung Schillerplatz. Die Bereitschaft
der restlichen Lehrer in Rheinland-Pfalz sich für bessere Arbeitsbedingungen
einzusetzen scheint nicht sonderlich groß gewesen sein. Ich frage mich, ob die
ganzen anderen Lehrer mit ihren Arbeitsbedingungen zufrieden sind oder ob es
sie einfach nicht interessiert. Vermutlich Letzteres.
Manchmal frage ich mich ob in unserer Gesellschaft
überhaupt noch irgendwen irgendetwas interessiert?! Interessiert es die
Menschen in der Warteschlange wieso der Postbeamte am Schalter nach dem
hundertsten unfreundlichen Kunden nun auch schlecht drauf ist? Interessiert es
sie ob der Mensch der hinter ihnen in der Schlange wartet, vielleicht einen
dringenden Termin hat und man ihm vielleicht den Vortritt lassen könnte?
Interessiert es die Lehrer, die heute wie an jedem anderen Tag unterrichtet
haben, dass es Menschen gibt, die sich die Beine in den Bauch stehen, für die
Arbeitsbedingungen derer, die das nicht tun?
In unserer Gesellschaft scheinen sich die Menschen nicht
mehr großartig für ihre Mitmenschen zu interessieren. Dabei wäre es so einfach.
Wir sind schon so sehr an diese Tatsache gewöhnt, dass sich niemand für mehr als
sich selbst interessiert, dass ein kleines bisschen Freundlichkeit den
Postbeamten zum Lächeln bringen könnte. Jemanden in einer Warteschlange
anzulächeln oder ihm gar den Vortritt zu lassen, weil man es ohnehin nicht eilig
hat, könnte den Tag des anderen zu einem besseren machen. Es sind die kleinen
Gesten, die viel bewegen können. Ein Lächeln wird weitergegeben von einem
Menschen zum Nächsten und erfreut somit viele. Weil wir uns daran gewöhnt
haben, dass jeder sich selbst am nächsten ist, sind unsere Ansprüche an unsere
Mitmenschen kleiner geworden. Selbst am Anfang einer Beziehung sind sie „heruntergefahren“.
Wenn der Partner dann so interessiert an unserem Leben ist, dass er sich in
einem Anflug von Romantik des 21. Jahrhunderts unsere Termine in sein
Smartphone speichert, ist zumindest bei mir das romantische Herz in meiner Brust
vollkommen aus dem Häuschen.
Werte und Gesten, die früher ganz selbstverständlich
waren, sind es heute nicht mehr. Es ist vollkommen normal geworden, dass das
deutsche Herz in uns gewinnt und wir furchtbar genervt sind, wenn wir uns in
eine Warteschlange einreihen müssen. Es ist normal geworden, dass wir nur an
uns selbst denken, die Ellbogen ausfahren und unsere schlechte Laune an Menschen
auslassen, die damit überhaupt nichts zu tun haben. Es ist normal geworden dass
wir gleichgültiger geworden sind, dabei wäre es so leicht es nicht zu sein. Ich
habe dem Postbeamten ein Lächeln geschenkt und er hat es erwidert. Vielleicht
hat auch er es weitergegeben.
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